Alltag

Trotz Sonnenschein hängt heute eine Dunstglocke über dem Felsen.

“Waschküchenwetter”, nannte T. dieses Phänomen. Es wirkt, als ob heute noch ein Gewitter niedergehen wird.

Egal ob Wochenende oder nicht, während der Saison ist ein Tag wie der andere.

Auf dem Falm flanieren Gäste an den Schaufenstern entlang oder nehmen einen Kaffee auf der Terrasse des Oberlandspäti.

Woran man Gäste von Insulanern unterscheiden kann? – Sie hinterlassen Botschaften am Nordoststrand.

Sie tragen Rucksäcke, oft beige Funktionskleidung. Sie schauen sich die Auslagen der Geschäfte an, während Insulaner daran vorbeigehen – meist eiligeren Schritts. Sie blicken sich suchend nach Cafés um oder verweilen auf dem mittleren Plateau der Treppe, weil sie sie zu schnell angegangen sind.

Die Kirschen sind gereift. Die Amsel lässt von dem Treiben auf der Treppe nicht beeindrucken und speist weiter.

An der Konzertmuschel erfreut ein Gitarrist mit irischen Melodien – von Insel zu Insel sozusagen. Sie mischen sich unter das allgemeine Summen menschlicher Stimmen, dem Schrei der Möwen und dem leisen Geplätscher der See.

Auch eine junge Liebe gehört zu diesem Treiben.

Hier steht die Luft. Der Horizont Richtung Südosten verschwimmt.

Kaum zufassen, dass es keine 1800 km weiter einen anderen Alltag gibt. Die Kinder in der Schule sagen, sie hörten gar nichts mehr aus der Unkraine. Wir haben die Absurdität dieses Krieges in unseren Alltag übernommen. Es gibt ihn, aber er ist für uns nicht sichtbar. Doch wir sind schon in die Logik des Krieges verstrickt, wenn nur ein Sieg der Ukraine denkbar ist – und nur ein ‘Sieg’ die Basis für Friedensverhandlungen sein kann.

Die chinesischen Zeichen für Krise setzen sich aus Gefahr und Gelegenheit zusammen

Vielleicht hat die junge Liebe eine Chance – und all die Kinder, die in diesen Tagen geboren werden.

……