Summertime

…and the living is easy.

Jedenfalls hat es schon seit drei Wochen nicht mehr geregnet. Es wird kaum noch dunkel, um Mitternacht wandert das blaue Leuchten gemächlich von Westen nach Osten und vier Stunden später geht die Sonne wieder auf.

Natürlich gibt es immer noch einen Alltag mit Aufgaben und Verpfichtungen, aber selbst der Weg von einem Termin zum anderen fühlt sich wie Urlaub an.

Bei den Offshore-Leuten ist Crew-Wechsel. Sonst scheint die Zeit stillzustehen wie an einem Sonntagnachmittag. Es ist aber Mittwoch.

Am Wochenende ist dann Hafenfest am Binnenhafen.

Man lümmelt vor den Hummerbuden herum und schnackt mit den Passanten. Manchmal auch über sie ;-) .

Gestern war dann aber plötzlich Schluss mit lustig. Mein Schlautelefon begann rot zu blinken und das tut es normalerweise nur, wenn die Batterien fast alle sind.

Manchmal aber auch aus anderem Grund. Diesmal war es kein schlecht gelauntes Tier, sondern… tja, was? Das Alien-Mutterschiff aus “Independence Day”?

Irgendwie sollten Wolken nicht so aussehen. Ein uralter Primateninstinkt sagt “Zeit, Schutz zu suchen”.

Jedenfalls wurde es kurz danach sehr dunkel, die Windgeschwindigkeit stieg schlagartig auf 70 km/h und es fing an zu blitzen, donnern und zu regnen. Das habe ich dann aber nicht fotografiert, sondern lieber meinen Nachbarn im Erdgeschoss geholfen, ihre Ware in den Laden zu tragen.

Nach einer halben Stunde war der Spuk schon wieder vorbei. Das UFO flog weiter Richtung Festland, in Norddeutschland hörten die Züge auf, zu fahren und hier hat es anscheinend wieder ein Stück vom Internet gebraten. 

Screenshot from 2017-06-24 06-40-41

Örks.

Komplimente

Im Sommer gibt es für die Gäste ein wenig mehr Kultur, denn wegen des Duty-Free-Klamauks allein würden wohl nicht mehr so viele Leute hierher kommen.

Neulich habe ich für eine Künstlerin aus Sankt Petersburg den local Roadie gemacht (Insulaner tendieren dazu, Multitalente zu sein ;-) und beim Abbau fragte sie mich, ob ich eigentlich Deutscher sei.

Hu?

Na ja, weil ich immer so helpful bin, aber auch so self-restrained, like a british person.

Ich hab zwar einen deutschen Personalausweis, aber trotzdem fühlte ich mich irgendwie geschmeichelt. Yippie!

Andererseits, das soll jetzt was Besonderes sein? Örks.

Komische Notizen

In den letzten Tagen hatte ich neben den Gästeführungen auch noch einige verzwickte IT-Probleme zu lösen. Örks.

Früüüher ™ war ich angeblich mal ein ganz doller Experte für dieses Zeugs. Vor ungefähr 11 Jahren habe ich aber beschlossen, doch noch etwas Anständiges zu lernen. Vielleicht sollte ich dann auch etwas Anderes in meinen Lebenslauf reinschreiben, um diese 25 Jahre zuvor zu erklären. Auf der Reeperbahn Klavier gespielt oder so.

Irgendwie ist mein Gedächtnis für die ganzen fitzeligen Details, die man bei solchen Aufgaben im Hinterkopf behalten muss, nicht mehr so gut wie früher. Deswegen blättere ich später in meinem Notizbuch und finde teils sonnenklare, teils äußerst kryptische Einträge Seite an Seite.

Die Entscheidung, welche Seite jetzt zu welcher Kategorie gehört, überlasse ich ganz euch ;-) .

Singt mir die Namen skandinavischer Seeleute

Heute morgen fahre ich vom Arzttermin zurück zum Felsen. Der Wind hat ein wenig aufgefrischt und im Hotel hab ich noch schnell auf der Webseite des BSH zum Seegang nachgesschaut. Oh-oh, zweieinhalb bis drei Meter Wellenhöhe und das auf der guten alten Funny Girl.

An Bord ist gute Stimmung, die ersten Piccolos werden geköpft, bevor wir überhaupt den Hafen verlassen haben. Als wir Neuwerk passieren, beginnt das alte Mädchen deutlich zu stampfen und die ersten Berg- und Talfahrten werden noch mit Juhu und Jaha bejubelt.

Gelegentlich muss der Käptn aber auch beidrehen, weil wir sonst in Schottland ankommen würden anstatt auf Helgoland. Dann beginnt das Schiff zusätzlich zu rollen, es wird nach und nach immer stiller an Bord und bald singt der eine oder andere Passagier die Namen skandinavischer Seeleute (Sööören! ;-).

Aber die Crew kennt das natürlich schon, scheucht alle Amateur-Seebären auf ihre Sitzplätze zurück und jeder, der nicht ein Bier in der Hand oder wenigstens ein albernes Grinsen im Gesicht hat, wird großzügig mit Küchenrollen und Spucktüten beschenkt.

Ist angeboren, sagt einer der Stewards, der früher mal mit Frachtschiffen in Atlantik und Pazifik unterwegs war. Der eine kriegts, der andere nicht. Muss man sich nix drauf einbilden.

Schönheit am Morgen

Gestern habe ich in alten Fotos gestöbert. Sollte ich vielleicht nicht mehr unbeaufsichtigt tun, denn danach war ich ganz melancholisch. Wie schön wir damals waren, so verwegen und unaufhaltsam!

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Und in Wirklichkeit natürlich auch so planlos, unsicher, selbstgerecht und eitel.

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Aber das fällt mir nur dann ein, wenn ich richtig versuche, mich zu erinnern.

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Wenn ich mich heutzutage nach Schönheit sehne, laufe ich in den Hafen und schaue aufs Meer.

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Ich könnte natürlich noch ein paar Stunden warten und junge Frauen an der Südpromenade begaffen. Örks.

Anreisen, Abreisen

Die Saison ist in vollem Gang. Mittags grollen die Rollkoffer unter meinem Fenster vorbei.

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Nachmittags ist dann der Spuk wieder vorbei und die Gäste steigen auf die Schiffe um.

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Auf diesem Bild unter Anderen eine sehr sympathische und gut aussehende Frau. Stundenlang haben wir uns sehr phantasievoll unterhalten.

Leider ist sie aber auch fest davon überzeugt, daß Chemtrails eine Weltverschwörung sind.

Och nee.

Örks.

Einfach

Heute war Alles ganz einfach.

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Zuerst mal einer lieben Freundin zum Purzeltag gratulieren. Geht auch via Threema und mit einem Käsebrot, Hauptsache Kerze und so!

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Die Sonne ging auf, es war ganz hell und Helikopter stiegen aus purer Freude in die Luft (wer weiß…).

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Wie auf Bestellung beginnt ein wildes Gesäge, Gehämmer und Geputze am Südstrand (Liebling, die Gäste kommen gleich, wo ist meine Hose?).

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Die Küstenwache forscht nach der Gewässerqualität (gutes Forschen, Leute!).

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Ist euch eigentlich schon mal aufgefallen, daß der Mensch häufig beliebt, ganz andere Muster in die Welt zu malen als die Welt selbst?

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Aber egal, irgendwann ging dann wieder die Sonne unter. Kurz vor Feierabend bringt sie immer nochmal die alte Heldinnen-Nummer.

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Und ich falle jedesmal wieder darauf herein.

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Dazwischen passierten noch ein paar superkomplizierte und superuninteressante Dinge. Aber das dauerte nur zwei Stunden.

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Und überhaupt, Leute… Wenn ihr mich beauftragt, die WLAN-Heatmap eines neuen Hotels zu erstellen – fragt mich doch das nächste Mal, bevor ihr Alles zugespachtelt und drübertapeziert habt. Örks.

Arbeitsplätze

An den meisten Tagen ist mein Arbeitsplatz draußen im Freien. Das bringt das Leben als Gästeführer auf dem Felsen so mit sich.

Manchmal springe ich aber immer noch ein, wenn es irgendwelche informationstechnologischen Buschbrände zu löschen gilt. Ich dachte ja, ich hätte im Jahr 2005 dieses Kapitel meines Berufslebens abgeschlossen.

Typischer Fall von denkste.

Heute gibt es mal wieder ein wenig Schneesturm, also keine wißbegierigen Gäste. Diesmal auch keine widerspenstigen Router, Switches oder sonstige Blinkenlights. Stattdessen eine aus dem Ruder gelaufene W*nd*ws-Server-Installation mit 23 Druckern, von denen nur fünf wirklich existieren. Der Rest ist im Laufe der Jahre als Doubletten drübergekleistert worden, frei nach der Devise “Funktioniert irgendwie nicht, also am Besten nochmal installieren”. Örks.

Warum ich das jetzt kapieren soll, weiß ich eigentlich auch nicht so genau. Aber wenn ich es nicht tue, leiden Menschen (manchmal werden die auch Anwender genannt).

Nach einem einstündigen Druckertreiber-Massaker bin ich wieder im Freien. Der Schneesturm ist abgeflaut. Ein paar Offshore-Leute fahren raus zur Baustelle, um sich 60 Meter über der freien Nordsee den hinteren Stoßfänger abzufrieren.

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Aber irgendwas ist ja immer.

Into White

Das Wetter ist diesig heute und niemand möchte eine Gästeführung machen. Aber aufgrund meiner düsteren beruflichen Vergangenheit helfe ich gelegentlich auch als der lokale Internetversteher aus und kümmere mich um die Nachwehen eines abgerauchten Ethernet-Switch in einem Apartmenthaus.

Mit den Handwerkern auf dem Felsen ist es so eine Sache. Häufig sind die Optionen bei haustechnischen Problemchen nicht besonders vielfältig und dann verlegt halt der Klempner die Netzwerkkabel. Anders kann ich mir manches nicht erklären. Nach einiger Sucherei im Haus fand sich dann auch der defekte Switch.

Im Heizungskeller, hm. Festgeklemmt auf den Hauptwasserrohren, die gemütliche 60 Grad C° Heizwasser führen, aha! Am Ethernet-Kabel baumelte dann auch noch der Router. Örks.

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Immerhin hat das fast zwei Jahre so gehalten. Respekt, liebe Hardwaredesigner bei Z*xel ;-) !

Dann wieder draußen, ich gehe am Invasorenpfad zurück ins Unterland. Für einen Augenblick schaut die Sonne durch die Wolken und über Meer und Felsen scheint die Luft selbst aufzuleuchten. Grauschleier gibt es ja, aber Weißschleier?

Das kann man natürlich nicht wirklich fotografieren. Ich tue es trotzdem.

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Ich laufe die Treppe hinab und weil niemand in der Nähe ist, singe ich lauthals und ziemlich falsch “Into White” von Cat Stevens, auch wenn ich den Text der zweiten Strophe nicht mehr weiß. Die Möwen werden es schon keinem weitererzählen.