Reparaturen

Nachdem “Sabine” über die Insel gefegt war, kam “Victoria” (keine Ahnung, was mit den Buchstaben dazwischen passiert ist) und dann kam einfach nur noch Sturm, dessen Namen einem allmählich egal wird.

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Und dann passierte etwas Seltsames.

Der Seegang ließ nach und der Himmel nahm teilweise eine ungewohnte Farbe an. Oder sagen wir mal, er nahm eine Farbe an. Außerdem erschien ein grell leuchtender Punkt, den man nicht mit bloßem Auge ansehen konnte.

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Auf der Straße begegnet man gelegentlich wieder Menschen und am Brutfelsen sind die ersten Frühbucher zu bewundern.

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Dann ruft Mike von der Jugendherberge an: Das Gäste-WLAN läuft irgendwie merkwürdig langsam. Ob ich da mal…

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Ja, kann ich. Aber nichts versprechen.

Die Jugendherberge liegt als einziges Gebäude am äußersten Nord-Ost-Ende der Insel und hat ADSL Baujahr 2005. Daher gibt es eine zusätzliche Richtfunkstrecke zu einem Haus auf der Steilklippe und in der Herberge wird alles über Freifunk-Router verteilt (ja, die Herbergsväter sind trotz ihrer anachronistischen Berufsbezeichnung im 21. Jahrhundert angekommen ;-) . Hmmm…

Da wir im Oberland wohnen, nehme ich den Weg über den Jägersteig, die winzige Nebentreppe, die im Nordosten 60 Meter hinab zum Nord-Ost-Strand führt. Ist kürzer.

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Auf dem Weg sucht an der Inselschule eine fußballbegeisterte Möwe nach dem Ball. Vielleicht sind es aber auch nur die Sonnenstrahlen, die mich gehirnalbern machen.

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Schon von oben sieht man die Spuren, die die Stürme der vergangenen Tage hinterlassen haben.

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An der Wasserlinie sind die Wellen vom zerschlagenen und zermahlenen Inselgestein rot gefärbt. “Rooad Weeter” heißt das auf helgoländisch.

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Die merkwürdigen “Treppenstufen” sind Sandtaschen, die die Dünenkante stützen und schützen sollen. Haben sie auch, aber die anderthalb Meter Sand, die letzte Woche noch darüber lagen, sind fortgerissen worden.

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Dafür hat die Brandung ein paar vom Inselfelsen abgerissene Steine abgeladen. Da möchte man zu diesem Zeitpunkt ungern gestanden haben.

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Andere, obskurere Objekte werden von der See wieder preisgegeben. Ein Teil eines Kanonenofens wahrscheinlich. Aber wen hat der gewärmt und wann? Im zweiten Weltkrieg war hier die Großbaustelle für die sinnlose Seefestung der Nazis.

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Die zerschlagene Nord-Ost-Mole erinnert immer noch daran. Irgendwie ganz schön symbolisch, oder?

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Und die Freifunk-Router? Naja, denen gehts eigentlich gut, abgesehen davon, dass die Antwortzeiten alle dreißig Sekunden von 50 auf 250 Millisekunden spiken. Hä???

Ach so, und die Leute fragen mich, warum sie Teile der ARD-Mediathek nicht ansehen können. Wenig verwunderlich eigentlich, weil sich die Freifunk-Router netzgeografisch in Skandinavien befinden, wo manche gesetzliche Bestimmungen für das Internet weniger dusselig sind als hierzulande. Genauso wie das Geo-Fencing der Mediathek, grummel.

Aber dafür sind die Werbe-Einblendungen bei Jutjuub alle auf dänisch, schwedisch oder norwegisch, was manchmal ganz lustig sein kann.

Was tun, wenn es stürmt?

Die Jungs in der Jugendherberge haben ihre eigene Antwort gefunden. Mangels Gästen wird die große Cafeteria zur Zeit alternativ genutzt.

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Bei Windstärke 10 bis 11 bleibt der Insulaner zu Hause, wenn es geht und legt “Staring at the sea” von The Cure auf (oder Hans Albers, die Präferenzen sind da unterschiedlich).

Rookies und Gäste gehen raus, um staring at the sea zu betreiben.

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Ein paar Sachen sollte man aber unbedingt beachten.

Nr. 1: Alle Zugschnüre, Schnallen undsoweiter festzurren. Bei diesem Wetter kann eine Windbö, die in eine halboffene Regenjacke bläst, dieselbe zum Platzen bringen. Über Regenschirme sollte man gar nicht erst nachdenken.

Nr. 2: Von den Profis lernen. Im Zweifelsfalle mal kurz flachlegen und verschnaufen. 

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Nr. 3: Hände aus den Jackentaschen, auch wenn sie kalt sind. Man braucht sie eventuell für plötzliche Kurskorrekturen.

Mit dem aufrechten Gang bei Zweibeinern ist es so eine Sache. Ihr wißt schon: Standbein, Schwungbein nach vorne, fallen lassen, abfangen. Im Oberland läuft es sich aber wie auf einem Autodach bei Tempo 100. Da kann das Schwungbein dann ganz plötzlich auch hinter einem landen anstatt voraus und man hat unversehens den Rückwärtsgang drin.

Nr. 4: Mind the gap. Lieber etwas Abstand von der Klippenkante halten, nicht nur wegen der Kursabweichungen. Die Klippe bröckelt seit Jahrtausenden vor sich hin. Bei Sturm bröckelt sie schneller.

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Vor ein paar Tagen war die Aussichtsplattform an der Nordspitze noch doppelt so groß. Uff.