Maikäfer flieg ….

Nein, es gibt hier keine Maikäfer. So, wie es überhaupt wenig Insekten hier gibt – ich meine die, die auf dem Festland gemeinhin nicht gelitten sind …. Mücken, Fliegen, ja – und Maikäfer.

Fast ist der Monat schon wieder vorbei – und es gab trotz vieler Coronaerkrankungen jede Menge Events: den Inselmarathon,

die Landtagswahl, das Friesentreffen, das alle drei Jahre auf Helgoland stattfindet.

Adèle, die an der Landungsbrücke die großen Zweibeiner betrachtet, wundert sich:

Staksige Beine habe ich selber, denkt sie, aber Runden um Runden diesen Felsen zu umlaufen…..

wie machen sie das nur, warum fliegen sie nicht?

Liebste Adèle, wir sind zu schwer, um zu fliegen. Gravity is just a habit, erwiderst du. Nein, dieser Satz gilt leider nur bedingt für meine spezies.

Wir brauchen gebaute Mittel, um uns am Himmel zu bewegen. Und dabei machen wir auch noch ordentlich Radau und Dreck. Eure Eleganz ist uns nicht gegeben.

Inseltreiben:

So sieht es aus, wenn die Post kommt,

und so, wenn die Inselbahn auf Kundschaft wartet.

So

wenn ein schwimmender Bettenbunker vor dem Felsen liegt,

und so, wenn alte Segler vor der Düne ankern.

Nach und nach kleiden sich die Bäume an:

Die eine Schöne lugt bald nur noch hinterm Strauch hervor.

Die Landtagwahl kam – mit absehbarem Ergebnis. Die schwarz-grüne Koalition wird sich wohl fortsetzen. Aber ein kleines Highlight hatte die Wahl doch: die AfD flog aus dem Landtag.

Und dann hatte ich Besuch – zwei liebenswerte Flensburger.

Besuch auf der Düne – zuviele Erinnerungen hängen dort, als dass ich alleine rüberfahre. Aber mit Besuch geht es ….

Wir hatten ein paar Jahre aufzuholen, erzählen uns von den kleinen Menschen, die jetzt große sind- und von anderen, die lange gegangen sind.

und während wir alten Erinnerungen nachhängen oder Sonne und Wind genießen, besucht uns eine Gänsefamilie.

Zwischen Sonne und Mond verbringen wir den letzten gemeinsamen Abend –

Während 1500 km von hier weiterhin Bomben fallen und Menschen fliehen, während manche Kolumnisten in Waffengattungen schwelgen, die jegliche Science-fiction längst eingeholt haben,

braucht uns diese schöne Welt gar nicht.

Das ist beruhigend, aber auch irgendwie traurig.

Mein Stadtpark

Besuch zeigt man gewöhnlich, zumal wenn er -ähm sie – das erste Mal da ist, die Schönheiten des eigenen Wohnortes.

Diesmal geht es in meinen ‘Stadtpark’, die Düne.

An anderen Orten spaziert man einige Straßenzüge, um etliche Ecken, bis man das Grüne erreicht hat. Hier nimmt man eine andere Art von Bus, die Witte Kliff.

Sie bringt uns innerhalb von 10 Minuten in eine andere Welt aus Wasser und Sand.

Klar, auch hier gibt es eine kleine Siedlung von Ferienwohnungen, einen Campingplatz. Man kann Minigolfen und essen gehen.

Und es gibt einen Flughafen – so klein, dass er schon fast anrührt.

Den Rest der Sandinsel teilen wir Zweibeiner uns mit Vögeln und Robben.

Robben können nicht lesen – und manche Touristen wollen es nicht. So entstand ein safer space für Seehunde und Robben an der Nordostecke der Insel.

Aber auch Seehunde gehen gerne aus und so ist diesmal keiner zuhause.

An der Aade machen wir Rast – an meinem alten Platz, an dem ich monatelang nicht war.

Tja – war ein besonderer Platz für besondere Gespräche, gemeinsames Schweigen, Wegsein aus dem Alltag.

Auch mit D., meiner Schwester, kann man einvernehmlich schweigen.

Wir finden einen angeschwemmten Seestern. Leider ist er schon ausgetrocknet. Sonst hätten wir ihn ins Meer zurückgetragen.

Dann, auf unserem Rückweg, entdecken wir doch noch die Robbenkolonie – und mit uns etliche andere Zweibeiner. Wir lassen uns an der Absperrung nieder, die einen gebührenden Abstand zu der anderen Spezies herstellt.

Von hier aus wirkt der Felsen wie das Festland. Meine Schwester sagt, die Düne sei das potenzierte Helgoland.

Recht hat sie ,-)

Komische Vögel

Auch auf Helgoland gibt es komische Vögel. Manche haben sogar Federn und Schnabel.

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Das geht schon direkt vor unserem Fenster los. In der Palme im Nachbarsgarten wohnt seit kurzem eine Sperlingsfamilie.

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Praktisch, denn da spart man viel Arbeit mit Nestbau und so. Einfach eine Höhle in den Faserpelz der Palme bohren und fertig ist die Laube.

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Dann gibt es noch die Basstölpel an der langen Anna. Deren Zahl hat in diesem Jahr sichtbar zugenommen. Ob das etwas mit der verlängerten Winterpause namens Lockdown und der damit verbundenen Abwesenheit der Zweibeiner zu tun hat, wissen wir erst im nächsten Jahr.

Jetzt kommen aber wieder Gäste hierher und die Tölpel sind ein sehr beliebtes Fotomotiv.

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Diese Basstölpeldame scheint jedenfalls zu ihrem Gatten so etwas zu sagen wie: “Schaatz, du hattest du hattest mir für dieses Jahr doch einen Brutplatz ohne Paparazzi versprochen…”

Enten und Gänse gibt es hier (fast) nur drüben auf der Düne. Da befindet sich nämlich der einzige Süßwasserteich in 70 Kilometern Umkreis.

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Manchmal macht aber auch Mama Ente einen Spaziergang am Strand. Mit Nachwuchs.

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Bin nur ich das oder muss noch jemand an Monty Pythons “Ministry of Silly Walks” denken?

silly walks

Na ja“, denkt dann die Ente wahrscheinlich, “wenn du meinen Gang albern findest, möchte ich dich mal beim Fliegen sehen.

Verweht

Seit Wochen waren wir nicht mehr auf der Düne zu Besuch. Das liegt zum Teil an den Gründen. An den Wochentagen beginnt der Schulunterricht um 7:30 Uhr und dementsprechend früh muss der Wecker klingeln. Uähhh.

An den Wochenenden lümmeln wir dann oft bis in den frühen Nachmittag im Bett herum, nur unterbrochen von kurzen Ausflügen zur Kaffeemaschine. Ahhh.

Um 16:00 Uhr fährt aber schon die letzte Dünenfähre. Ist ja Winter. Hmmm.

Neulich haben wir es aber doch geschafft, auch wenn Helgoland angeblich der Ort ist, an dem die Zeit stehengeblieben ist. Manchmal ganz wörtlich.

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Am schwarzen Brett herrscht auch eher Winterruhe.

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Und das ist auch ganz gut so. Die HerrscherInnen der Düne reagieren entsprechend indigniert.

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Das Dünenrestaurant hat natürlich geschlossen. Und was meinen sie bloß mit diesem Schild?

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Ach so.

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Das.

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Diese Holzleiste, die man da sieht, ist der obere Rand des Terrassengeländers.

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Oje, da kommt man mit einem Bagger nicht hin. Schipp-schipp, hurra.

Butterfahrer und andere

Was bisher geschah: Es war Winter (ach?). Keine Gäste, die Straßen leergefegt. Im Oberland nur Lebewesen, die Stoizismus und dicke Pullis zur Schau stellen.

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Die Strände wüst und leer. Keine Fußspuren. Die entsorgen Wind und Gezeiten täglich.

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Am Nordoststrand steht ein kleiner Mensch und starrt die Nordsee an. Drei Tage lang frage ich mich immer wieder, was er wohl dabei gedacht hat. Wintersensationen eben.

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Auch auf der Düne nur das Heulen des Windes und das Zischen des Sandes, der deine Windjacke abschmirgelt.

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Und seine eigenen Sandburgen baut.

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Die Robben haben sich anscheinend mit der Familiengründung in den letzten Wochen ziemlich verausgabt und frönen ihrem Lieblingshobby: Herumliegen.

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Andere schauen scheinbar empört: Hey, du kannst mich doch garnicht sehen! Ich hab doch Tarnfell!

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Und dann plötzlich ein Vorbote des Frühjahrs.

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Oder zwei.

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Und noch ein dritter (der Zahnarztus Hamburgiensis ;-) .

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Und dann ist es wieder soweit. Wie jedes Frühjahr Ende April Flaggen- und Dresscodewechsel auf Helgoland: Die RocknRoll-Butterfahrt ist im Anmarsch.

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Mehr Schwarz an der Dünenfähre. Und überhaupt mehr mehr ;-) .

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Eigentlich konnte ich schon als kleines Mädchen nix mit Ska und Rammelpank anfangen, aber so als kulturelles Phänomen ist doch immer wieder faszinierend.

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Natürlich regnet es und ist a****kalt. Das ist Vorschrift.

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Am dritten Tag sehen einige Butterfahrer etwas… mitgenommen aus. Punk’s not dead, it just smells funny.

Aber ansonsten ist auch unübersehbar, dass ein beträchtlicher Anteil der Rocknroller inzwischen so etwa in meinem Alter ist und statt flattrigem Zelt auf der Düne lieber eine kuschelige Ferienwohnung auf der Hauptinsel anmietet.

Eigentlich bin ich ja hauptsächlich rübergefahren, um die neuen Ferienhäuser auszumessen und die OpenStreetmap-Karte zu aktualisieren. Aber mal kurz über den standesgemäß löcherigen Zaun gucken ist ja auch ok.

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Ratter ratter bumm bumm!!!

Danke, ihr schwarzbunten Knalltüten und bis nächstes Jahr!

Mittsommer

Fast zwei Monate lang war der Himmel postkartenblau und es fiel kein Tropfen Regen. Die Grünflächen auf der Insel sehen inzwischen einigermaßen versteppt aus, denn künstliche Bewässerung ist nicht drin. Das Wasser auf der Insel besteht zur einen Hälfte aus Regenwasser und zur anderen aus exorbitant teurem entsalzten Meerwasser.  20 Euro pro Kubikmeter; da könnte man den Rasen eigentlich auch mit Bier gießen.

Dann kam ein Sturm, zwei Tage fuhren keine Schiffe und am Flugplatz reihen sich die Sonderflüge für die Leute, die unbedingt wieder aufs Festland müssen.

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Direkt neben dem Flughafen der eventuell einsamste Briefkasten Deutschlands.

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Der Berliner Bär am Mittelland gibt sich unbeeindruckt und macht einen auf cool.

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Um sieben Minuten nach Mitternacht sehe ich aus dem Fenster und im Nordosten leuchtet es.

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Willkommen im Norden.

An der Aade

Gestern hat die Sommersaison offiziell wieder begonnen und in den vergangenen Tagen galt es noch eine ganze Menge Vorbereitungen in letzter Minute zu treffen. Ich merke, dass ich entweder ganz schön verwöhnt bin von der Helgoländer Gangart – oder einfach zwanzig Jahre älter als damals, als gelegentliche Schübe von Holterdipolter im Berufsleben viel normaler erschienen und manchmal sogar richtig toll.

Irgendwie ist dann doch noch alles rechtzeitig fertig geworden und gut über die Bühne gegangen. Und heute fahre ich mit Fe, die zu Besuch hier ist, zur Düne hinüber. 

Morgens schien noch die Sonne und meine Glatze strahlt in lustigem Rot. Ich muss nämlich allmählich aufhören, die sonst allgegenwärtige Mütze zu tragen. Sonst kann ich die den ganzen Sommer nicht mehr abnehmen wegen des Helgoländer Bikinistreifens. Der verläuft allerdings so eher in Höhe der Augenbrauen und aufwärts ;-) .

Inzwischen hat sich der Himmel wieder zugezogen und alles erstrahlt Grau in Grau. Im Ernst. Wahrscheinlich kann man das garnicht fotografieren. Auf den ersten Blick sieht alles grau aus. Aber anders, von innen heraus leuchtend. Ist wie HDR hier , nur ohne HDR, hat mir mal ein Fotograf gesagt. Was immer das bedeuten mag.

Ansonsten passiert erstmal nicht soviel. 

An der Aade setzen wir uns an den groben Kiesstrand, dort, wo die Stürme der vergangenen zehn, zwanzig Jahre auf der Ostseite den Sandstrand fortgerissen haben. 

Die Wellen klingen hier ganz anders, mehr so Ssss-ploff als Rausch-rausch.

Wir gucken und reden und reden und gucken und eine Weile lang passiert wieder nicht viel. 

Dann kriegen wir Besuch.

Normalerweise kommen die Robben nicht an die Aade. Würde ich auch nicht, wenn ich mit dem Bauch über den Strandkies hoppeln müsste.

Aber das hier ist wohl eine Robben-Teeniebratze und Mama hat das schon tau-send-mal erklärt, dass man nicht an die Aade gehen soll. Pah!

Eigentlich gilt die Regel, dass man weggehen soll, wenn die Robben aus Neugier näher kommen. Aber bevor wir unseren Krempel einsammeln können, ist die Bratze schon wieder abgebogen und in den Dünen verschwunden. 

Dann sind wir wohl kurz eingenickt am Strand. Als wir aufwachen, ist es ganz schön frisch geworden und fröstelnd gehen wir am Südstrand zurück zur Fähre.

Was wir geredet haben? Ach je, das Licht, das Wetter, das Kommen und Gehen des Lebens und der Liebe, ob es grausam ist, einem Atheisten zu sagen, dass man den Tod nicht fürchtet. Strandzeugs halt.

Gute Vorsätze

Ok, ich werde bis auf Weiteres keine Loblieder mehr auf die baldige Ankunft des Frühlings singen. Aberglaube bringt bekanntlich Unglück und immer, wenn ich das tue, sieht es am nächsten Tag so aus:

Oder so:

Selbst die sonst so Helgoland-festen Möwen sehen ganz schön angep***t aus.
Trotzdem will ich zur Düne hinüber, einfach weil heute mein freier Tag ist.

Och nee, sagen die Jungs von der Dünenfähre, kannste nicht in einer halben Stunde wiederkommen? Der Nebel hat auch den Verkehr auf dem Dünenflughafen zum Erliegen gebracht und außer mir ist weit und breit kein Verrückter zu sehen, der dort hin will.

Na gut. Eine halbe Stunde später ist immer noch keiner da, aber dann fahren sie doch. Nur für mich.

Auf der Düne ist gerade die wilde Strandparty am toben.

Irgendwo, irgendwo dahinten bestimmt. Eventuell aber auch schon in Dänemark.

Dann laufe ich hinüber zum Nord-Ost-Strand, aber weit komme ich nicht.

Überall sind große Schilder, die die Seehunde darauf hinweisen, mindestens 30 Meter Abstand von den Zweibeinern zu halten. Können die nicht lesen?

Nö.

Dann fahre ich mit der letzten Fähre wieder zurück.

Am nächsten Tag ist das Wetter soso, hmhm, lala, aber ich sage nichts. Ich möchte mit meinem Anwalt sprechen ;-) .